Dhyana
Dhyana – oft als Meditation übersetzt – ist das siebte Glied in Patañjalis Yoga Sutras. Es folgt auf Dharana (Konzentration) und leitet über in Samadhi (Einheitsbewusstsein). Patañjali definiert Dhyana als „ununterbrochenes Fließen der Aufmerksamkeit zum Meditationsobjekt“. Anders als Dharana, wo Du den Geist aktiv zum Fokus zurückbringst, gleitet Dhyana mühelos in einen Zustand anhaltender Achtsamkeit.
Warum Dhyana üben?
1. Tiefe geistige Klarheit
In Dhyana löst sich der innere Dialog auf. Statt fortwährender Gedankenströme erlebst Du geistige Stille, die kreative Einfälle und intuitive Lösungen ermöglicht.
2. Emotionale Balance
Regelmäßige Meditation reduziert Stress und Angst und fördert Gelassenheit. Der Neurotransmitter Serotonin steigt, während Stresshormone sinken – ein psychophysiologischer Reset für Körper und Geist.
3. Fundament für Samadhi
Dhyana ist die direkte Vorbereitung auf Samadhi, das Erleben tiefer Einheit. Erst wenn die Aufmerksamkeit mühelos verweilt, öffnet sich der Raum für das Gefühl ungetrennter Verbundenheit mit allem Sein.
Übungswege in Dhyana
Trataka – Fortgeschritten
Sitze vor einer Kerze, fixiere Flamme, dann schließe die Augen und halte das Bild. Mit zunehmend längerem Halten gleitest Du in den meditativen Zustand.
Mantra-Meditation
Wiederhole innerlich ein heiliges Wort oder Klang wie „Om“. Lasse das Mantra zu einem Rhythmus im Bewusstsein werden, der jede Ablenkung übertönt.
Objektmeditation
Fokussiere auf ein ästhetisches Objekt – eine Blume, ein Mandala oder eine Klangschale. Betrachte es mit weichem Blick, bis es zur Essenz Deiner Wahrnehmung wird.
Stille Meditation
Einfach nur sitzen, auf den Atem lauschen und Gedanken vorüberziehen lassen. Jedes Abschweifen wird sanft als Windhauch registriert, aber nicht verfolgt.
Alltagsintegration von Dhyana
Pendler-Meditation: Schliesse in Bus oder Bahn die Augen und konzentriere Dich auf die Rückenlehne, um Gedanken zu beruhigen.
Pause im Büro: Setze Dich auf Deinen Bürostuhl, atme sanft und spüre den Kontakt zum Sitz – ein Kurz-Dyhana für zwischendurch.
Nacht-Ritual: Vor dem Schlafengehen eine 5-minütige Mantra‑Wiederholung, um unruhige Gedanken zu besänftigen.
Der feine Übergang von Dharana zu Dhyana
Während Dharana jene fokussierte Konzentration beschreibt, bei der Du den Geist aktiv an ein Objekt bindest und immer wieder sanft zum Fokus zurückführst, ist Dhyana der mühelose Zustand, in dem dieser Fluss der Achtsamkeit von selbst weiterläuft. In Dharana übst Du, gedankliche Abschweifungen wahrzunehmen und bewusst zurückzulenken – bei Dhyana jedoch verschwindet die Anstrengung. Dein Bewusstsein verweilt wie von selbst in der Flamme der Kerze, im Klang des Mantras oder im ruhigen Puls Deines Atems, ohne dass Du es aktiv festhalten musst. Dieser fließende Übergang macht Dhyana zur echten Meditation: Gedanken ziehen vorüber, doch Dein Geist bleibt unerschütterlich zentriert, ganz so, als hättest Du den Anker gelöst und driftest nun sanft auf der Stille eines weiten Ozeans.
Mit Dhyana im Alltag ankommen
Im hektischen Tagesablauf, in Meetings und familiären Verpflichtungen, vergessen wir oft, einfach nur „zu sein“. Dhyana schenkt Dir die Fähigkeit, mitten im Trubel innezuhalten und den Geist in einen ruhigen Fluss gleiten zu lassen. Stelle Dir vor, Du sitzt in einer kurzen Kaffeepause am Schreibtisch, blickst auf eine zarte Pflanze auf der Fensterbank und wirst für einen Augenblick selbst zur Pflanze: ganz weich, ganz präsent. Dieses bewusste Innehalten, diese kleine Dhyana-Übung, kann Deinen Arbeitstag entschleunigen, Entscheidungsfindung klarer machen und Dir eine Oase der Gelassenheit schenken – ohne dass Du dafür Stunden auf der Matte verbringen musst. So wird Dhyana zum Freund im Alltag, der Dir hilft, zentriert, kreativ und ausgeglichen zu bleiben.